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Heinz Cibulka

Chinoiserie - Aus dem Reisetagebuch

 
juni 1999

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juli 1999

 

in: Chinoiserie, 2000


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Um 8.30 Abfahrt gehts zum Heiligen Berg, dem Gelben Berg. Am Weg dorthin fahren wir an grünen saftigen Reisfeldern vorbei, ich sehe immer wieder Bohnenpflanzen, in einigen Gärten stehen grazile hohe Lilien. Es regnet, alle Farben strahlen in der reinen feuchten Luft.

Wie überall in der Nähe von Ansiedlungen sehen wir hier wieder Straßenverkäufer, die meistens Kürbisse, Melonen und andere Früchte verkaufen. Schöne Szenen begleiten uns als vorbeiziehende Bilder durch die Fenster des Autos. An den Straßenrändern tauchen hin und wieder Enten und Gänse auf. Vereinzelt arbeiten Bauern mit Regenschirmen in den Feldern. Gerade diese Bauern sehen die formale bildhafte Qualität ihres Lebensraumes nicht oder gewiß nicht so wie ich sie sehe. Die Landarbeiter gestalten hier seit Jahrhunderten oder Jahrtausenden eine Kulturlandschaft, die nicht bewußt von menschlicher Hand gemacht wird. Mir erscheint sie als poetische Eindruckswolke, die unter dem Himmel schwebt.

Im taoistischen Sinn, wie ich es verstehe, wird hier ohne Absicht etwas getan - und dadurch im nichttun alles getan.

Wir fahren jetzt schon eineinhalb Stunden lang durch diese gepflegte Kulturlandschaft, die in einer Ebene liegt. Wir kommen an Teichen vorbei, die mit Kanälen verbunden sind. Jetzt wird es hügeliger, die Felder sind wieder in Trassenform angelegt. Jetzt schüttet es wieder, nach der Hitzeperiode scheint eine Regenperiode einzusetzen.

Reis, Soja und Kürbispflanzen sind zu sehen, großblättrige Bäume wie Palmen, Akazien, Kiefern und Zypressen stehen abwechselnd an den Straßenrändern. Wir kommen in der Nähe von Wohnhäusern immer wieder an Gärtnereien und häufig an Ziegelfabriken vorbei.

Es regnet, halb in einer Regenlache liegt ein Mann am Boden, er könnte tot sein oder Hilfe brauchen, alle haben zu tun, auch wir fahren daran vorbei, niemand sagt etwas dazu. Eine bestimmte Art von Sentimentalität einzelnen Personen gegenüber dürfte hier nicht so zwingend sein wie bei uns.

Im Hotel angekommen gibt es Mittagessen:

Wildgemüse, kleine salzige Fische, Bambusgemüse, Fisch, scharfes Gemüse, Rindfleisch.

nach dem Essen um 15 Uhr fahren wir mit einem Schiff über einen See zu einer sogenannten Affeninsel, daneben gibt es noch die Rehinsel und die Schlangeninsel. Es regnet leicht. Die Affen sind mir nicht ganz geheuer, wir werden auch gewarnt, ihnen ja nicht in die Augen zu sehen. Der Spuk ist bald vorbei, die Schlangeninsel empfinde ich auch kurios, ebenso die Insel der Rehe. Die Fahrt übers Wasser ist trotz des dauernden Regens sehr schön. Alles weiter weg zu sehende, zeigt sich in fein abgestuften Grautönen.

Unsere Fähre kommt an einem verrosteten kommunistischen Wahrzeichen das am Ufer des Sees steht vorbei und sind bald danach wieder im modern eingerichteten Hotel.

Abends gibt es Frösche zu essen, auch alte eingelegte Eier, scharfes Gemüse, Gurken, Fisch und Paprika, Tofu säuerlich wie Käse, Tofu geröstet und gekocht, salzige scharfe kleine Fische, nudelig dünn geschnittenen Kürbis und Morcheln, am Ende noch süße Kugelknödel.

Hier sehe ich zum ersten Mal einen Tischtennistisch in China. Ich dachte immer, Tischtennis sei hier ein weitverbreiteter Volkssport. Junge Leute spielen daneben auf einem Billiardtisch. Ich kann mich nicht zurückhalten und frage, ob wer mit mir Tischtennis spielen wolle. Einer der Billiard-Spieler spricht englisch und vereinbart mit mir eine halbe Stunde später einen Termin. Es freut mich, hier mit einem Chinesen spielen zu können. Wir haben Spaß, loben uns gegenseitig und gehen verschwitzt aber befriedigt auseinander. Mein chinesischer Partner heißt mich am Schluß noch mit "wellcome" höflich willkommen. zur naechsten seite



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